Um Greenwashing zu vermeiden und Umwelt-, Sozial- und Governance- (ESG) Faktoren im Finanzdienstleistungssektor standardisiert integrieren zu können, setzt die Europäische Union (EU) die neu in Kraft getretene Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) – auch «Offenlegungsverordnung» genannt – schrittweise um. Diese ist Teil des «Sustainable Finance Frameworks» [1] der EU und verpflichtet Finanzunternehmen u.a. dazu, über die Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren durch sogenannte «Principal Adverse Impacts» (PAIs) auf Finanzproduktebene zu berichten. Denn da alle Unternehmen sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft haben können, beeinflussen Investitionsentscheidungen von Finanzunternehmen indirekt die von den Unternehmen berührten Nachhaltigkeitfaktoren.
Was ist die SFDR und wie hängt diese mit anderen Elementen des "Sustainable Finance Frameworks" zusammen? Die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) soll die Transparenz darüber erhöhen, wie Finanzmarktteilnehmer Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen in ihre Investmententscheidungen und -empfehlungen integrieren. Durch standadisiert anzugebende Indikatoren, wird vor allem für Endverbraucher die Vergleichbarkeit einzelner Finanzprodukte in Puncto Nachhaltigkeit erhöht. Bei der Umsetzung betrifft die SFDR vor allem Entwickler und Anbieter von Finanzprodukten und Finanzberater, wie z.B. Banken, Vermögensverwalter, institutionelle Investoren oder Versicherungen. Die SFDR gibt vor, dass diese Finanzunternehmen dem Kunden offenlegen müssen, inwiefern sie Nachhaltigkeitsfaktoren in den Entscheidungsprozess für ihre Finanzprodukte einbeziehen und was die wesentlichen nachteiligen Nachhaltigkeits-Auswirkungen (PAIs) ihrer Finanzprodukte sind. Dies wird für solche Finanzprodukte besonders wichtig, die entweder mit ESG-Charakteristiken werben (sogenannte Artikel 8-Produkte) oder sich als “nachhaltiges Investment” (Artikel 9-Produkte) bezeichnen [2]. Hier erhebt die SFDR konkrete Anforderungen an die Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen in vorvertraglichen Unterlagen. Um diese zu erfüllen, sind die Finanzunternehmen u.a. auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung ihrer Portfolio-Unternehmen angewiesen, die durch die «Corporate Sustainability Reporting Directive» (CSRD) dazu verpflichtet werden, ihre Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft durch bestimmte Nachhaltigkeits-Leistungsindikatoren (KPIs) offenzulegen. Zukünftig werden fast 50'000 EU-Firmen dieser Verpflichtung nachkommen. Die ersten standardisierten CSRD-Reports werden jedoch erst ab 2025 für Unternehmen ab einer bestimmten Größe breitflächig verfügbar und sind ab diesem Zeitpunkt nur für EU-Unternehmen sowie solche Nicht-EU Unternehmen, die Tochtergesellschaften in der EU haben, verpflichtend. [3] Portfolios mit weltweitem Fokus könnten daher kurz- wie mittelfristig Schwierigkeiten haben, alle notwendigen Daten von Unternehmen für eine vollständige Offenlegung der nachhaltigkeitsbezogenen Risiken gemäß SFDR zu erhalten. Wie mit dieser Diskrepanz umgegangen wird, dürfte sich erst in der konkreten Umsetzung zeigen.
Die einzelnen PAIs im Überblick Gemäß der SFDR-Verordnung gibt es für Unternehmen, in die investiert wird, neun ökologische PAIs, welche sich in Klimaindikatoren und andere umweltbezogene Merkmale, wie bspw. CO²-Fußabdruck und Biodiversität, etc., unterteilen und fünf soziale und Unternehmensführungs-PAIs, mit Indikatoren in den Bereichen Soziales und Beschäftigung, Achtung der Menschenrechte und Bekämpfung von Korruption und Bestechung.[4] Die Offenlegung dieser PAIs sind gemäß SFDR-Verordnung für Finanzprodukte obligatorisch. Weitere von der EU definierte Indikatoren können berechnet werden und die Offenlegung ist für jeweils einen weiteren Indikator aus dem Klima- und umweltbezogenen Bereich und einen weiteren Indikator aus dem Sozial- und Governance Bereich verpflichtend, diese können jedoch frei gewählt werden. [5]
Die meisten PAIs konzentrieren sich demnach auf standardisierte Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (ESG), die ethisch-nachhaltige Investorinnen und Investoren oftmals schon in ihrem Anlageprozess berücksichtigen. Hierbei reichen die obligatorischen PAIs von Kohlenstoffemissionen, Exposition gegenüber fossilen Brennstoffen und Abfallmengen (E) bis hin zu Geschlechtervielfalt und Sorgfaltspflichten in Bezug auf Menschenrechte (S) sowie der Bilanz eines Unternehmens in Bezug auf Korruption, Bestechung oder anderen Kontroversen (G). Für jede dieser PAIs sollen neben den Auswirkungen und einer Erläuterung auch ergriffene und geplante Maßnahmen und Ziele für den nächsten Bezugszeitraum transparent dargelegt werden. Dies könnte insbesondere mit Blick auf ernsthafte Engagement-Strategien von Fondsgesellschaften von Interesse sein [6]: Portfolio-Unternehmen könnten durch die vorherige Kommunikation von Zielen dafür sensibilisiert werden, dass sie ohne das Erreichen bestimmter gesteckter Ziele nicht mehr konform mit den Nachhaltigkeitsbezogenen Zielen des entsprechenden Finanzproduktes wären. Die Aufgabe für Finanzmarktteilnehmer, Informationen ihrer Portfolio-Unternehmen zu PAIs zu sammeln und formalisiert offenzulegen, wird gemeinhin als Herausforderung angesehen. Das Konzept, negative Auswirkungen zu finden, ist jedoch nicht neu. Nach einer internen Analyse und dort wo die Daten bereits vorhanden sind, integriert Ethius bereits die meisten PAIs routinemäßig in den gesamten Anlageprozess, teilweise auch als eine Form der Risikovermeidung. Weitere Informationen dazu können z.B. im Stärken-Schwächen Profil des Ethius Factbooks eingesehen werden. [7]
Der direkte Einfluss auf den deutschen Finanzmarkt und MiFID II Zielmarktkonzept von BVI, DDV und DKW
Die durch die EU vorgegebene detaillierte Offenlegung hat neu auch Einfluss auf das in Deutschland zur Anwendung kommende MiFID II Zielmarktkonzept [1], welches vom Bundesverband Investment und Asset Management (BVI), dem Deutschen Derivate Verband (DDV) und der Deutschen Kreditwirtschaft (DKW) gemeinsam erarbeitet wurde und seit August 2022 in Deutschland Anwendung findet. So müssen dem Zielmarktkonzept zufolge Produkte, die sich an Kundinnen und Kunden mit nachhaltigkeitsbezogenen Zielen richten, neben gewissen Mindestausschlüssen und einem anerkannten Branchenstandard neuerdings ebenfalls eine dezidierte ESG-Strategie mit Berücksichtigung der Standard-PAIs vorweisen. Alternativ können sie auch über eine nachhaltige Investition im Sinne der SFDR verfügen bzw. eine konkrete ESG-Strategie mit Anteil an auswirkungsbezogenen Investments, wie in der EU-Taxonomie verordnet, vorweisen. Von der verpflichtenden Kundenabfrage betroffen sind seit Mitte 2022 z.B. alle in Deutschland ansässigen Banken und lizensierte Vermögensverwalter und ab März 2023 auch alle anderen unabhängigen Finanzanlagevermittler, die z.B. Anteile und Aktien an Investmentvermögen sowie Vermögensanlagen nach Art. 34f der GewO vermitteln.
Der von Ethius Invest bereits Anfang 2021 aufgelegte deutsche Publikumsfonds „Ethius Global Impact“ ist mit Veröffentlichung dieses Fachartikels konform mit dem deutschen Zielmarktkonzept.
[2] Siehe Artikel Nachhaltigkeitsversprechen und Regulatorik im Fondsverkauf: https://www.ethius-invest.ch/post/nachhaltigkeitsversprechen-und-regulatorik-im-fondsverkauf [3] https://normative.io/insight/csrd-explained/
[4] https://docsend.com/view/rp524dimjycya9n6, S. 42 ff. [5] https://docsend.com/view/rp524dimjycya9n6, S. 12